Montag, 16. Mai 2016

Eisheilige in Marokko



Ja, die gibt es tatsächlich

, zumindest in diesem Jahr. Die vergangene Woche haben wir bei Temperaturen von 7 bis 11 Grad verbracht - immer wieder ging der Blick zum Thermometer unseres Wikinger-Kleinbusses.




Hinzu kamen Regen, Hagel und starker Wind, so dass unsere Radtouren kein reines Vergnügen waren. Eine musste wegen zu großer Kälte ganz ausfallen.



Saßen wir dann einmal dick eingemummelt auf dem Rad, ging es durch fantastische und sehr verschiedenartige Landschaften. Besonders beeindruckt hat mich eine Abfahrt aus dem Hohen Atlas in Richtung Marrakesch.




Besichtigungen mit einheimischen Führern gab es in Marrakesch, Fès und Meknes. In den dortigen Altstädten fühlt man sich schon sehr weit weg von Europa. Natürlich gibt es dort inzwischen zahlreiche Teppich- und andere Touristenläden, aber auch alle möglichen winzigen Handwerksbetriebe.





Die Stimmung im Land kann ich kaum einschätzen. Erwachsene waren praktisch immer freundlich zu uns, von Jugendlichen wurden wir während der Radtour aber zweimal mit Steinen beworfen.

 Die erwähnten einheimischen Führer gaben unisono folgende Einschätzung ab: Weil der König so beliebt ist und wichtige Reformen eingeleitet hat (Familienrecht, Anerkennung der Berbersprache), ist dem Land ein arabischer Frühling erspart geblieben. Die Beispiele Ägypten, Libyen und Syrien zeigen, dass es den Menschen unter autokratischer Führung besser gegangen ist als nach der Rebellion.

Der Guide in Meknes räumte allerdings auch ein, dass der Einfluss des Islam immer stärker werde. Vor 2000 habe es keine Burka-Trägerinnen gegeben. Zu seiner Studienzeit sei man an der Uni linksorientiert gewesen, heute gebe es gerade an den Hochschulen starke islamistische Gruppen. Alkohol gibt es anscheinend nur noch in Hotelbars. Auch Supermärkte, die in aktuellen Reiseführern als Bezugsquellen genannt werden, führen keinen mehr.  Im Linienbus - die Gruppenreise ging gestern zuende - bestand das Bordprogramm heute aus drei Stunden Koranrezitation.

Nach der Überquerung des spektakulären Tizi N'Tichka-Passes bin ich heute am Rand der Wüste angekommen, in einer ehemaligen französischen Garnisonsstadt. Noch führt der Fluss hier Wasser, so dass irritierenderweise am Horizont ein leichter Sandsturm zu sehen ist, vor dem Hotelbalkon aber die Frösche quaken. Sollte morgen der angekündigte Regen einsetzen, freuen sich die Amphibien bestimmt noch mehr.

Ouarzazate, den 9. Chaâbane 1437

Hans


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