Montag, 23. Mai 2016

Am Ende des Weges ...

... steht eine Vielzahl von Eindrücken, die es nun zu ordnen und zu verarbeiten gilt.

Am vorletzten Samstag erreichten wir in Rabat das Meer,


das wir dann am Spätnachmittag hinter der Riesenmoschee Hassan II. In Casablanca noch einmal sahen. Der Rest der Küste wäre sicher ein lohnendes Ziel für eine weitere Reise.

Zurück in Marrakesch, habe ich mir das mittelgroße Paradies angesehen, das sich Yves Saint-Laurent und sein Lebensgefährte geschaffen haben.





Dann war ich noch mal auf dem Platz der Gehenkten am Rand der Medina. Zu den Schlangenbeschwörern und Alleinunterhaltern gesellen sich dort am Abend zahlreiche fliegende Gastronomen. Was dem Hamburger Fischmarkt die Bananenverkäufer, sind dem Djemaa el Fna die überaus engagierten Orangensaftpresser:



Das Glas für weniger als 40 ct, so billig ist der Saft auch in Marokko sonst nirgends.

Die fünftwettbewerbsfähigste Volkswirtschaft Afrikas besitzt in Tanger auch das größte Autowerk des Kontinents. Dorther stammte der Logan Diesel, mit dem ich mich in den folgenden Tagen am Rand der Sahara herumtrieb. In der Nähe der algerischen Grenze tauschte ich den Logan für ein paar Stunden gegen ein Kamel ein, um die Stille der Sandwüste zu genießen.


Diese Reizarmut tut der Seele gut, im Kamelsattel konnte ich prima meinen Gedanken nachhängen.

Dem Kraftfahrer jedoch kann die Monotonie schnell zum Verhängnis werden. Schon aus Australien kannte ich die Gepflogenheit, auf Wüstenstrecken alle zehn Kilometer Schilder mit irgendwelchen Hinweisen in sieben Sprachen aufzustellen, damit die Aufmerksamkeit erhalten bleibt. Wie wir sehen, hat Marokko fast gleichgezogen:


Eine weitere Attraktion auf der Südseite des Atlasgebirges sind die Kasbahs; mehrstöckige, außen abweisende Wohnburgen, die aus einer gestampften Mischung aus Lehm, Stroh und Mist errichtet wurden.

Diese hier ist berüchtigt, weil sie unter Hassan II. als Geheimgefängnis diente.


Die meisten Kasbahs sind inzwischen unbewohnt und verfallen. Sie bieten das ganze Jahr über ein recht gleichmäßiges Raumklima, nehmen aber Schaden bei jedem heftigen Regenschauer.




Sehr beeindruckend fand ich auch die Schluchten von Dadès und Todrha, gegraben von zwei Flüssen, die vom Atlas herabkommen und ihr Ende in der Wüste finden.




Unterwegs geriet ich noch auf einen großen Markt, u. a. wurden Nutztiere verkauft.

Am Samstag dann die Königin des Kasbahs: Aït Benhaddou, Weltkulturerbe und Schauplatz zahlreicher Filme:



Den Samstagabend habe ich in der Wüstenmetropole Ouarzazate im Restarant Galas verbracht, Anlaufstelle der Bart- und Kopftuchlosen. Bei einem vorzüglichen Couscous musste ich das Pokalendspiel im WAZ-Liveticker verfolgen, denn der Fernseher zeigte das zeitgleiche französische Finale OM - PSG. 

Am Sonntag bin ich um 16:30 in Frankfurt gelandet. Weil alle Züge Verspätung hatten, erwischte ich noch den 17:09-ICE und war nur sechs Minuten später in Dortmund als ich es regulär bestenfalls hätte schaffen können. Der iranische Taxifahrer erinnerte mich daran, was es sonst noch alles zu sehen gubt.

Aber jetzt gibt es erstmal genug zu verarbeiten. Für ein Fazit ist es mir jetzt zu spät. Das Hochladen der Bilder hat sehr lange gedauert. Die Dateien sind doppelt so groß wie bei der alten Kamera. Schaut einfach in den nächsten Tagen nochmal rein. Besser noch: meldet euch - ich bin zuhause.











Montag, 16. Mai 2016

Eisheilige in Marokko



Ja, die gibt es tatsächlich

, zumindest in diesem Jahr. Die vergangene Woche haben wir bei Temperaturen von 7 bis 11 Grad verbracht - immer wieder ging der Blick zum Thermometer unseres Wikinger-Kleinbusses.




Hinzu kamen Regen, Hagel und starker Wind, so dass unsere Radtouren kein reines Vergnügen waren. Eine musste wegen zu großer Kälte ganz ausfallen.



Saßen wir dann einmal dick eingemummelt auf dem Rad, ging es durch fantastische und sehr verschiedenartige Landschaften. Besonders beeindruckt hat mich eine Abfahrt aus dem Hohen Atlas in Richtung Marrakesch.




Besichtigungen mit einheimischen Führern gab es in Marrakesch, Fès und Meknes. In den dortigen Altstädten fühlt man sich schon sehr weit weg von Europa. Natürlich gibt es dort inzwischen zahlreiche Teppich- und andere Touristenläden, aber auch alle möglichen winzigen Handwerksbetriebe.





Die Stimmung im Land kann ich kaum einschätzen. Erwachsene waren praktisch immer freundlich zu uns, von Jugendlichen wurden wir während der Radtour aber zweimal mit Steinen beworfen.

 Die erwähnten einheimischen Führer gaben unisono folgende Einschätzung ab: Weil der König so beliebt ist und wichtige Reformen eingeleitet hat (Familienrecht, Anerkennung der Berbersprache), ist dem Land ein arabischer Frühling erspart geblieben. Die Beispiele Ägypten, Libyen und Syrien zeigen, dass es den Menschen unter autokratischer Führung besser gegangen ist als nach der Rebellion.

Der Guide in Meknes räumte allerdings auch ein, dass der Einfluss des Islam immer stärker werde. Vor 2000 habe es keine Burka-Trägerinnen gegeben. Zu seiner Studienzeit sei man an der Uni linksorientiert gewesen, heute gebe es gerade an den Hochschulen starke islamistische Gruppen. Alkohol gibt es anscheinend nur noch in Hotelbars. Auch Supermärkte, die in aktuellen Reiseführern als Bezugsquellen genannt werden, führen keinen mehr.  Im Linienbus - die Gruppenreise ging gestern zuende - bestand das Bordprogramm heute aus drei Stunden Koranrezitation.

Nach der Überquerung des spektakulären Tizi N'Tichka-Passes bin ich heute am Rand der Wüste angekommen, in einer ehemaligen französischen Garnisonsstadt. Noch führt der Fluss hier Wasser, so dass irritierenderweise am Horizont ein leichter Sandsturm zu sehen ist, vor dem Hotelbalkon aber die Frösche quaken. Sollte morgen der angekündigte Regen einsetzen, freuen sich die Amphibien bestimmt noch mehr.

Ouarzazate, den 9. Chaâbane 1437

Hans