Samstag, 25. April 2009

Donnerstag, 23. April 2009

Das letzte Bild ...

... sollte eigentlich dieser Schnappschuss aus Cusco werden - aufgenommen auf dem Heimweg von meinem vermeintlich letzten Abendessen in Peru. Es kam dann etwas



anders. Aber der Reihe nach:

Nach meinem Aufenthalt am Titicaca-See fuhr ich nach Cusco, das bis zur Eroberung durch Pizarro und seine kleine Truppe die Hauptstadt des Inka-Reichs gewesen war. Den Spaniern gelang es nicht, die berühmten fugenlosen Mauern der Tempel und Paläste



vollständig zu zerstören. Deshalb gingen sie dazu über, ihre eigenen Bauten - hier



die Jesuitenkirche - auf den Inka-Grundmauern zu errichten. Die Innengestaltung der Sakralbauten erfolgte häufig durch einheimische Künstler, die Akzente aus ihrem eigenen Erfahrungsbereich setzten. So gibt es in der Kathedrale von Cusco eine Abendmahls-Darstellung, bei der Jesus ein Vizcacha (Wild-Chinchilla) verspeist und



dazu Papayas genießt.

Diese beiden Kirchen umrahmen zusammen mit hübschen Arkadenhäusern die Plaza von



Cusco. Die Stadt zieht sich dann auf allen Seiten die Hänge hinauf. Besonders pittoresk ist das Viertel San Blas mit seinen engen, steil ansteigenden Gassen.

Von Cusco fährt man hinab in das sog. Heilige Tal der Inkas. In diesem fruchtbaren Gebiet gibt es weitere Inka-Ruinen, z. B. die Festung Pisaq auf einem steilen Berg



über dem Tal. Auf dem lokalen Markt konnten wir einige der hiesigen Kartoffelsorten bewundern. Es gibt hunderte von Arten in praktisch allen Farben.



Die Busfahrt an diesem Tag fand unter erschwerten Bedingungen statt. Am Vortag hatten Bauern dagegen protestiert, dass sie demnächst für ihr Wasser bezahlen sollen. Mit Hilfe gefällter Bäume und großer Felsbrocken hatten sie Strassensperren errichtet, die am Folgetag erst teilweise beiseite geräumt waren.

Nach dieser Tagestour blieb nur noch die "Königsetappe" nach Machu Picchu. Man kommt auf mehrere Arten dorthin, nur nicht auf dem Straßenweg. Die Regierung des inzwischen zu 25 Jahren Haft verurteilten Expräsidenten Fujimori hat der privatisierten Bahn in den 90er Jahren ein Monopol für den Touristentransport dorthin eingeräumt, so dass durch das Tal des Urubamba keine Straße gebaut werden darf. Die Strecke ist inzwischen keine 100 km mehr lang, da die Züge nicht mehr in Cusco abfahren, sondern erst in einem 20 Taximinuten entfernten Ort. Von dort brauchen die Züge dann immer noch vier Stunden. Für Hin- und Rückfahrt werden in der billigsten Klasse 96 Dollar verlangt.

Früher fuhr die Bahn hinter Machu Picchu weiter in die Provinzhauptstadt Quillabamba. El Nino setzte dem 1998 ein Ende. Kurz hinter Machu Picchu wurde die Strecke durch Hochwasser irreparabel zerstört. Da Quillabamba nun abgeschnitten war, das Streckenmonopol aber weiter bestand, waren die Nachfolgeregierungen gezwungen, eine Straße nach Quillabamba zu bauen, die unter Umgehung des Tals kosten- und erdrutschträchtig über den 4316 m hohen Pass Abra Malaga führt.

Dort begann meine organisierte Tour. Auf Mountainbikes rollten wir auf der inzwischen überwiegend asphaltierten Strecke bis auf 1200 m Höhe hinunter. Oben fuhren wir durch dichten Wolken. Erst spät wurde der Blick frei auf ein Seitental



des Urubamba.

Am nächsten Tag folgten wir dem Lauf des Urubamba. Durch dichten Wald ging es steil



bergan. Es gab einige kleine Kaffee- und Kakaofarmen. Der Fluss lag tief unter



uns. Der dritte Tag war etwas mühsam, da wir etliche Kilometer über die Bahngleise laufen mussten. Das Tal wurde immer enger und steiler, und oben konnten wir bereits die Ruinen erkennen.

Am vierten Morgen hieß es um vier Uhr aufstehen, um pünktlich um sechs am Eingang des archäologischen Parks zu sein. Nur zu früher Stunde hat man die Chance, eines von 400 Tickets für die Besteigung des Wayna Picchu, des "Zuckerhuts" hinter den Ruinen, zu ergattern - denn die Besucherzahlen insgesamt steigen rapide:



Zunächst lag die Anlage noch im Morgennebel, nur der Blick auf steil zum Urubamba



hin abfallenden Terrassen war frei.



Hier jetzt die Aussicht vom Wayna Picchu in verschiedene Richtungen. Ich hoffe, die



die Bilder geben wieder, wie unglaublich steil die Hänge sind.





Hier die klassische Machu-Picchu-Ansicht einmal in Schwarz-Weiß:



Abends kehrten wir mit Bahn und Bus nach Cusco zurück. Ich blieb noch einen Tag in dieser schönen Stadt und flog am Montagnachmittag nach Lima. Für den gleichen Abend war der Weiterflug mit Iberia nach Madrid gebucht. Völlig überraschend wurde ich aber aufgehalten:



Ich stand nicht auf der Passagierliste! Wie sich herausstellte, war diesmal nicht Iberia selbst schuld, sondern eine arrogante Schnepfe im LAN-Reisebüro in Cusco, die beim Rückbestätigen meines Tickets den größten Teil des Vorgangs zum Absturz gebracht hatte. Es half alles nichts: ich konnte erst am nächsten Tag fliegen und hatte dann noch sechs Stunden Wartezeit in Madrid, bis ich nach Düsseldorf weiter fliegen konnte.

Ich nutzte die Wartezeit für eine Stippvisite im Zentrum von Lima. Hierdurch wurde meine Reise endgültig abgerundet. Kurz hinter dem Flughafen fuhr das Taxi an einer Mauer vorbei, auf die quasi sämtliche Sehenswürdigkeiten aufgemalt waren, die ich in den letzten sechs Monaten besucht hatte. Bei der Wachablösung vor dem Präsidentenpalast spielte die Militärkapelle zu meinem Abschied noch einmal



"El Cóndor Pasa", und die Zeitung eines Passanten machte mir klar, dass zu Hause



die Fußballsaison zu Ende geht.

Ich sah mir noch zwei Kirchen an. In der Kathedrale findet man die Gebeine des ersten Pizarro auf peruanischem Boden. Man bemüht sich sehr um den wissenschaftlichen Nachweis,dass es die echten sind:



In der Kirche San Francisco gibt es ein weiteres Abendmahl. Diesmal verzehrt Jesus ein Meerschweinchen und isst Kartoffeln dazu.

Ich selbst gönnte mir in einem alteingessenen Lokal ein letztes Ceviche (rohe



Meeresfrüchte, mariniert in Zitronensaft und Chili) und fuhr dann zum Flughafenhotel zurück. Da ich noch etwas Zeit hatte, schaltete ich den Fernseher ein und konnte mir die verbleibende Wartezeit mit einer Kochsendung vertreiben, in der die beliebtesten vietnamesischen Gerichte an Originalschauplätzen zubereitet wurden.

Jetzt bin ich wieder und Dortmund - und hoffe, dass ihr an dieser Stelle kein Fazit erwartet. Das kommt vielleicht später, wenn ich meine Erfahrungen etwas habe sacken lassen. Jetzt bin ich erstmal froh, kein Passagier mehr zu sein.



Lasst von euch hören!

Hans

Freitag, 10. April 2009

Semana Santa

Geschafft! Kaum bin ich im Hostal, da verwandelt sich die Strasse draussen schon wieder in einen Sturzbach. Irgendwann am Vormittag hört es dann wieder auf zu regnen.

Grüsse aus Puno, der grössten Stadt am Titicaca-See - und der bisher hässlichsten auf dieser Reise.

Bei der Einreise nach Peru fielen mir schnell zwei wesentliche Unterschiede zu Chile auf. Zum einen sprechen die Peruaner ein deutlich verständlicheres Spanisch. Zum anderen ist die Küche wesentlich besser. Das hat einen einfachen Grund: sie verwenden hier Gewürze!

Zuerst war ich in Arequipa. Die Stadt liegt vor einer Kulisse von Fünf- und Sechstausendern und hat eine wunderbare koloniale Altstadt.

Bereits am Montag war die Karwoche in vollem Gang, und ich geriet gleich in



zwei Messen. Am Dienstag gab es schon die erste Prozession, die ich von einem privilegierten Platz aus beobachten konnte. Die Plaza in Arequipa wird auf einer



Seite von der Kathedrale gesäumt, die Gebäude auf den anderen drei Seiten haben doppelstöckige Arkaden, und ich sass oben in einem Restaurant.

Grösste Sehenswürdigkeit Arequipas ist das Kloster Santa Catalina. Es nimmt ein ausgedehntes Gelände ein und ist seit 1970 zu besichtigen. Einmal eingetreten, durften die Nonnen das Gelände nie wieder verlassen. Gespräche mit Verwandten waren begrenzt, Nonne und Gesprächspartner waren durch ein Gitter und einen Vorhang getrennt. Die Nonnen hatten Einzelzellen. Zum Schutz vor Erdbeben befanden sich



die Betten in Wandnischen.

Hier noch eine typische Strasse in der Altstadt, im Hintergrund der 6075 m hohe Chachani.



Die Angst vor Einbrecher ist ganz offensichtlich gross. Am zweiten Tag kam ich durch ein Viertel mit neuen Apartments und Reihenhäusern. Diese Anlagen waren alle von Mauern umgeben, die von elektrisch geladenen Drähten gekrönt waren. Der Zugang war



nur durch ein bewachtes Tor möglich.

Nach den vielen schönen Eindrücken in Arequipa war Puno schockierend. Es sieht hier aus wie in einem Ort in Jugoslawien oder Nordgriechenland in den 70er-Jahren: Betonskelettbauten, ausgemauert mit unverputzten Ziegeln. Aus fast allen Dächern ragen Moniereisen, um zukünftig aufstocken zu können.

Schöner ist die Umgebung. Das Land rund um den See ist fruchtbar, und die Terrassenfelder, die auf die Vor-Inka-Zeit zurückgehen, werden teilweise noch bebaut. Die Landflucht ist allerdings erheblich, und das Ziel heisst dann meistens Puno.

Lamas und Alpakas konnte ich aus nächster Nähe betrachten. Hier ein junges Alpaka:



So sieht Quinoa aus, eine altamerikanische Getreidepflanze:



Und das ist eine Auswahl aus den über hundert Kartoffelsorten - das Andenhochland ist die Ursprungsregion der Knolle:



In der Nähe Punos liegen die Schilfinseln der Uros im See. Das sind recht grosse Inseln, die aus Schilf errichtet werden und mehrere Häuser tragen können. Diese



Inseln wurden ursprünglich errichtet, um vor Invasoren sicher zu sein. Heute stehen sie voll im Dienst des Tourismus. Für mich war es trotzdem ein eindrucksvolles Erlebnis, über den schwankenden Boden zu trotten. Mit unserem langsamen Boot fuhren wir dann noch zu einer zweiten Insel, die vollständig terrassiert war. Bei klarem Himmel hat man hier bestimmt eine wunderbare Aussicht, heute aber war es leider bedeckt.

Von meinem Zimmer aus sehe ich auf die Rückseite einer Schule. Die Kolleginnen und Kollegen waren so freundlich, mich schon mal auf die erste Unterrichtsreihe hinzuweisen, die nach meinem Sabbatjahr ansteht: Nos conocemos - Wir lernen uns kennen!



Aber vorher steht noch die letzte Etappe an: Morgen fahre ich nach Cuzco. Ich fahre nicht mit einem Linienbus, sondern mit einem Touristenbus, der an den Sehenswürdigkeiten unterwegs hält. Ich hoffe, das erspart mir die ätzenden Videos, die in den Linienbussen immer gezeigt werden. Besonders in Chile und Argentinien gab es immer wieder Actionstreifen von grosser Brutalität und entsprechend mit nicht enden wollendem Gebrüll und Geballer. Natürlich fuhren in den Bussen auch Kinder mit, aber das scheint hier bei der Filmauswahl keine Rolle zu spielen. Leider vergass ich jedes Mal, die Ohrstöpsel ins Handgepäck zu packen.

Euch allen frohe Ostern, vielleicht melde ich mich noch einmal aus Cuzco.

Sonntag, 5. April 2009

Letzter Tag in Chile

Von San Pedro fuehrt ein schoener Ausflug zum Atacama-Salzsee. Einen kleinen Teil



davon habt ihr alle zu Hause, in Form von Batterien. Der See enthaelt 40% der bekannten Lithium-Vorraete. Der Rohstoff wird gewonnen, indem Wasser unter der Salzkruste abgepumpt wird. Zwei Drittel der Weltproduktion kommen von hier. Negative Einfluesse auf die Oekologie des Sees werden logischerweise befuerchtet.

1000 m hoeher kamen wir ins kleine Dorf Socaire. Hier werden noch Reste der Inkaterrassenfelder bewirtschaftet. Es gibt auch eine Dorfschule, die sich um



Anschluss ans 21. Jh. bemueht. Insgesamt aber, so las ich in der Zeitung, sind die Ausstattungs- und Leistungsunterschiede zwischen Stadt- und Landschulen ganz enorm. Typisch zumindest fuer diese Gegend sind die seitlich offenen Sporthallen - es



regnet ja fast nie.

Auf 4300 m Hoehe erreichten wir wundervolle Seen unterhalb der schneebedeckten Vulkane.






Am naechsten Tag besuchte ich eine weitere wichtige Rohstoffquelle der Welt, naemlich den Kupfertagebau Chuquicamata. Die Mine war frueher in US-Besitz. Sie wurde von der Unidad Popular verstaatlicht. Es war dies die einzige Verstaatlichung, die die Militaerjunta nicht rueckgaengig machte.

Bis 2008 wohnten die Arbeiter und ihre Familien direkt auf dem Minengelaende. Wegen der grossen gesundheitlichen Beeintraechtigungen wurden sie dann ins 10 km entfernte Calama umgesiedelt. Heute lebt nur noch Pinocchio in dieser Geisterstadt.



Erz und Abraum werden mit LKW abgefahren, die bis zu 330 t fassen. Sie wirken



aber wie Ameisen vor dem Hintergrund des 1000 m tiefen und 15 Quadratkilometer



grossen Loches in der Erde.

Ein Grossprojekt in der Naehe San Pedros ist der Bau des Radioteleskops Alma. Wegen der klaren Luft wird es in ueber 5000 m Hoehe gebaut. Technische Probleme wegen der Hoehe werden die Fertigstellung um mehrere Jahre verzoegern. Teleskopteile werden aber bereits angeliefert.



Als naechstes ging es nach Iquique am Pazifik. Die Stadt liegen in wuestenhafter Umgebung vor hochaufragenden kahlen Bergen. Der erste Eindruck war enttaeuschend, vor allem wegen der zahlreichen Apartment-Hochhaeuser. Aus der Zeit des Salpeterbooms ist aber eine huebsche Innenstadt mit Holzhaeusern und hoelzernen Buergersteigen geblieben.



Iquique ist eine sehr sportliche Stadt. Skateboarder mischen die Fussgaengerzone auf, am Strand ueben sich Jogger und Kampfsportler, im Wasser warten Surfer auf die Riesenwelle, und neben dem Kreuz oben auf der Kordillere steht die Gemeinschaft der 7-Tage-Parapentisten und erfleht guenstige Thermik.

Die groesste Ueberraschung fuer mich> es gibt hier eine Seeloewenkolonie mitten in der Stadt. Sie sammeln sich abends auf dem Anleger fuer die Hafenrundfahrten.




Nur wenige Meter weiter kann man Pelikane beobachten.

Erinnert sich bei Fritz Steinhoff noch jemand an die zentralen Wandertage? In Iquique gibt es sie noch. Am Freitag waren alle Schulen der Stadt unterwegs.



Am Vortag dagegen geschah etwas in Deutschland Undenkbares. Es fand ein Streik der Schulaufsicht statt. Er richtete sich gegen ein neues Schulgesetz, das auch in Chile den Unterrichtseinsatz von Seiteneinsteigern ermoeglichen soll. Der Lehrerberuf scheint hier nicht populaer zu sein. Neben dem Lehrermangel wird aber noch ein anderes Argument fuer die Seiteneinsteiger angefuehrt. Fast nur Schulabsolventen mit schlechten Noten nehmen naemlich ein Lehrerstudium auf. Ein Untersuchung an Absolventen der Primarlehrerausbildung zeigte jetzt, dass diese im Schnitt nur 47% der auf den Grundschulstoff bezogenen Fragen richtig beantworten koennen. Durch die Seiteneinsteiger soll nun alles besser werden.

Soweit fuer heute, ich muss mich jetzt zur peruanischen Grenze aufmachen.

Ich wuensche euch schoene Osterferien bzw. -tage!

Beste Gruesse

Hans