Sonntag, 29. März 2009

Si Evita viviera, seria Cristina

Wenn Evita noch leben wuerde, waere sie Cristina!

Noch ist das eine Parole auf einigen Hauswaenden in Salta und nicht die offizielle Wahlparole der Kirchners, aber wer weiss... In einem Handstreich hat das Ehepaar Kirchner die im September faelligen Teilwahlen auf Juni vorgezogen, um die Opposition kalt zu erwischen.

Dienstag wurde der Opfer des Militaerputsches von 1976 gedacht. Junge Argentinier scheinen oft gar nicht mehr zu wissen, warum dieser Tag arbeitsfrei ist.

Ab Mittwoch streikten die Lehrer in der Provinz Buenos Aires. In Salta gab es keinen Arbeitskampf. In der Grundschule neben meinem Hostal antworteten die Kinder weiterhin brav im Chor, und auch in der benachbarten Sekundarschule "Maria vom Rosenkranz des heiligen Nikolaus" ging alles seinen gewohnten Gang.

Salta war meine letzte Station in Argentinien. Die Stadt hat ein koloniales Ambiente, eine schoene Plaza mit Arkaden und farbenfrohe Kirchen:



In einer Kirche gibt es ein ungewoehnliches Altarbild. Dargestellt ist, wie Indios das Jesuskind entfuehren, die Jungfrau mit Pfeilen spicken, aber beim Versuch scheitern, sie zu enthaupten:



Ausserdem erfuhr ich in Salta, dass die Inkas Menschenopfer vollzogen haben. Es gibt hier naemlich ein Museum mit Mumien von Kindern und Grabbeigaben, die 1999 auf einem ueber 6700 m hohen Berg gefunden worden. Die Kinder waren dort hinaufgeschafft und dann dem Sonnengott geopfert worden, indem man sie mit Maisschnaps betaeubte und dann erfrieren liess.

Von Salta aus nahm ich an einer Rundfahrt durchs Gebirge teil. Sie folgte - quasi als Schienenersatzverkehr - der Trasse des "Zugs zu den Wolken", fuehrte dann zu einem Salzsee und entlang bizarrer und farbenfroher Felsen zurueck.











Spektakulaer war dann auch die Busfahrt von Salta nach San Pedro de Atacama in Chile. Man passiert weitere Salzseen und Vulkane, erreicht 4600 m Hoehe und



landet dann in einem Dorf mitten in der Wueste. San Pedro ist inzwischen ganz auf Tourismus eingestellt, keine Wunder bei den aussergewoehnlichen Landschaften, die es hier zu sehen gibt. Es gibt z. B. Formationen, die an den Uluru erinnern,



das Valle de la Luna mit seinen salzueberkrusteten Felsen



und die Geysire von Tatio. Die liegen auf 4300 m Hoehe, und man sieht den Dampf am besten morgens, weil es spaeter zu warm wird. Entsprechend brachen wir morgens um



vier auf und kamen bei minus 10 Grad auf dem Geysirfeld an. Mit einem abschliessenden Eindruck vom hiesigen Tierleben verabschiede ich mich fuer heute.

Samstag, 21. März 2009

Brad Pitt & Prinz Charles (2. wesentlich erweiterte Fassung)

Jetzt bin ich doch noch nach Tibet gekommen:



Allerdings handelt es sich quasi um ein virtuelles Tibet. Bei Uspallata - am Osthang der Anden - wurde für den Film "Sieben Jahre in Tibet" gedreht. Der Río Mendoza stellte den Brahmaputra dar und Brad Pitt Heinrich Harrer. Da wir in Angkor auch schon an einem Drehort von Angelina Jolie waren, fügt sich so langsam alles harmonisch zusammen.
Übrig gebliebene Filmrequisiten - wie Gebetsmühlen und ein Buddha - schmücken nun die Tibet Bar:



Ansonsten ist Uspallata ein kleines Kaff. Durch den Andentourismus ist es aber in den letzten Jahren auf 7000 Einwohner angewachsen, so dass die Unterrichtsräume nicht mehr ausreichen und die letzten Schüler erst abends um sechs Unterrichtsschluss haben. Das Zentrum wird von einer Strassenkreuzung gebildet, über die endlose Kolonnen riesiger Lastzüge zum Bermejo-Pass rollen. Ob man nun auf der Terrasse der Tibet-Bar sitzt oder auf der eines anderen Lokals: so lange man draussen sitzt, sind Staub, Hitze und Diesel die Begleiter.

Jetzt aber der Reihe nach. Hier zunächst noch zwei Bilder vom Villarrica-Vulkan. Wir gingen in 1400 m Höhe los, das Tal lag noch in den Wolken:



Der Aufstieg war mühevoll, auf dem Rückweg ging es umso schneller:



Von Pucón aus fuhr ich mit dem Nachtbus nach Valparaíso. Prinz Charles traf ich nicht mehr an, denn Camilla und er waren bereits zwei Tage vorher in dieser Hafenstadt gewesen. Als Führer durch die Stadt hatte man mir einen Aussteiger aus Thüringen empfohlen, der in der Tat interessante Einblicke in die Stadt parat hatte.

Im Hafen werden grosse Mengen von Containern umgeschlagen. Hinter dem Hafengebiet steigt das Gelände



ziemlich steil an. Deshalb wurden Ende des 19. Jh. zahlreiche Schrägaufzüge gebaut. Sie sind z. T. noch in Betrieb und gehören heute zu den grossen touristischen



Attraktionen der Stadt.

Im 19. Jh. kam die Stadt durch den Salpeterboom zu grossem Reichtum. Deshalb gab es damals eine starke Zuwanderung aus Europa. Die multinationale Herkunft der Bevölkerung zeigt sich heute noch in der Organisation der Feuerwehr. Es gibt eine englische, frazösische, jüdische Feuerwehr - und natürlich auch eine deutsche, die nach bewährten Prinzipien des Vereinswesens organisiert ist:



Weiterhin besuchte ich den deutschen Club, in dem nach wie vor Bilder Bismarcks und des Kaisers hängen. Die Fahne ist allerdings schwarz-rot-gold.

In Dortmund sind die letzten Hinweise auf die WM 2006 verschwunden, in einer Kneipe in Valparaíso fand ich noch einen:



In den höher gelegenen Stadtteilen befindet sich eins der Häuser Pablo Nerudas. Ausserdem entstanden dort in den 70er-Jahren zahlreiche Wandmalereien.



Dieses Gebäude beherbergt das chilenische Parlament. Die Verlagerung des Parlaments



von Santiago nach Valparaíso geht noch auf Pinochet zurück. Wie es heisst, wollte er es nicht mehr in der Hauptstadt haben. Ich finde, die Architektur zeigt den Geschmack der Diktatoren.

Mit Valparaíso zusammengewachsen ist der Badeort Viña del Mar. Einige Reisende hatten mir vom Besuch abgeraten, ich fand den Ort aber nicht übel. Er besteht in der Tat fast nur aus Apartment-Hochhäusern, ist aber sehr gepflegt und grün. Es gibt einen sehr schönen Park mit Riesenbäumen aus aller Welt, ausserdem ein bedeutendes Museum zu den indianischen Kulturen und vor allem zur Osterinsel. So habe ich denn wenigstens einen Moai gesehen und auch eine Schrifttafel von dort:



Durch den kalten Humboldtstrom kann am Strand ganz schnell Nebel aufziehen. Er wabert dann noch durch die ersten Hochhausreihen, dahinter bleibt es aber sonnig.

Die nächsten drei Tage verbrachte ich in Santiago. Die Stadt ist riesig, das Zentrum aber ziemlich übersichtlich. Von einem Hügel aus hat man einen guten Überblick. Wenn kein Smog ist, kann man auch die schneebedeckten Andengipfel sehen.

Das Zentrum bildet, wie immer, die Plaza de Armas mit der Kathedrale. (Leider stellt



die neue Kamera die Bilder nicht automatisch ins Hochformat).

An einem Nachmittag fuhr ich zum riesigen Friedhof. Das Grabmal für Salvador Allende steht in einer Reihe mit denen anderen Präsidenten (ausgenommen Pinochet). Víctor Jara wurde in der letzten Reihe begraben. Das Grab ist ein ergreifender Ort, ein einfaches Fach in der Friedhofswand, aber umgeben von Texten, Bildern und Gegenständen, die Besucher hinterlassen haben:



Von Santiago aus fuhr ich über den Bermejo-Pass nach Argentinien. Man fährt einige Zeit in einem Flusstal aufwärts, dann gewinnt man durch zahlreiche Serpentinen schnell an Höhe:



Von meinem Quartier in Uspallata aus fuhr ich zu einem Aussichtspunkt, von wo aus man den Aconcagua sehen kann, den höchsten Berg ausserhalb des Himalayas (6959 m). Mithin der höchste, den ich in meinem Leben bisher gesehen habe. Der Anblick war grossartig, aber letztlich kann man die Höhe eines Berges von unten her nicht wirklich erfassen. Ich machte mir klar, dass ich mich schon auf 3000 m Höhe befand. Um die Höhenverhältnisse wirklich zu erfassen, half mir vor allem eine Zahl: die Gletscher, die ihr seht, sind bis zu 300 m dick!



Sehenswert waren auch die umliegenden Berge: sie sind weitgehend kahl, aber reich an verschiedenen Mineralien. Daher sieht man ganz unterschiedliche Farben - neben fast weissem Gestein auch grünes und Rot in allen Schattierungen.

Z. T. gehen diese Farben auf eisenhaltiges Gestein zurück. Bei Uspallata soll demnächst ein Eisenerz-Tagebau eröffnet werden, was bei der Bevölkerung offensichtlich auf heftigen Widerstand stösst.

Besonders prächtig sind die Farben am Puente del Inca. Das ist eine natürliche Brücke über den Río Mendoza, die durch Tropfsteinbildung entstanden sind. Hier befanden sich früher Kuranlagen, die nach einer verheerenden Flutwelle in den vierziger Jahren geschlossen wurden. Auch die Bahnlinie, die früher über den Pass führte, liegt still.



Auch in Mendoza habe ich etwas verpasst. Das jährliche Weinfest findet immer Anfang März statt. Auf der Plaza roch es deshalb nicht nach Eichenfass. Stattdessen war sie in bläulichen Abgasnebel gehüllt, denn der Harley-Davidson-Club Mendoza hatte zum 13. Herbstanfangstreffen geladen, und diese Veranstaltung hat offensichtlich grosse Anziehungskraft in ganz Südamerika.



Nachdem ich ein Zimmer gefunden hatte, waren die Harley-Fahrer zu einem Tagesausflug aufgebrochen. Auf der Plaza konnte man jetzt wieder atmen, und eine Indiokapelle spielte "Winds of Change" und andere beliebte indigene Volksweisen.

Mendoza wurde 1861 durch ein Erdbeben völlig zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte nach einem durchdachten Plan. Ausser dem Hauptplatz gibt es im Abstand von jeweils zwei Häuserblocks noch vier andere. Alle Strassen sind breit und von alten Platanen gesäumt. Die Geschäfte befinden sich überwiegend noch in der Stadt und nicht in Einkaufszentren auf der grünen Wiese. Das Ergebnis ist, dass es zwar nichts Besonderes zu sehen gibt, ich die Stadt aber trotzdem als sehr angenehm empfand.

Nachmittags nahm ich an einer Tour in die Umgebung teil, die sehr mediterran wirkt. Vorwiegend italienische Einwanderer haben mit Hilfe künstlicher Bewässerung Weinberge, Obstgärten und Olivenplantagen angelegt.



Quasi direkt neben meiner Unterkunft konnte ich mir abends eine Tangoshow ansehen. Es



gab etwas zu essen, Live-Gesang und -Tanz, eingebettet in ein Rahmenprogramm zur Geschichte der Einwanderung, des Tangos und des Weinbaus.

Überhaupt stellte ich am nächsten Tag fest, dass es in der Stadt ein überraschend breites Kulturprogramm gab: Programmkino, Oper, ein Dutzend Konzerte am Samstagabend.

Am Samstagmorgen bahnte ich mir meinen Weg durch die inzwischen zurückgekehrten Harleys in die Einkaufsstrassen. Zunächst hatte ich das simple Ziel, einen Reiseführer für Peru zu erwerben. Alle Buchhandlungen waren aber brechend voll, denn drei Wochen nach Schuljahresbeginn fanden es viele Eltern an der Zeit, nun die Schulbücher für ihre Sprösslinge zu besorgen. (Vielleicht aber tue ich den Eltern Unrecht, und die Fachkonferenzen beschliessen hier erst in den ersten Unterrichtswochen, welche Bücher angeschafft werden sollen).

Den Reiseführer bekam ich nicht. Den Rest des heissen Tages verbrachte ich im Stadtpark. Abends dann brach ich zu meiner 20stündigen Busfahrt nach Salta im Norden Argentiniens auf. Ich habe sie gut überstanden, die Busse sind hier sehr komfortabel und die Strassen in gutem Zustand. Auch hätte ich fast beim Bordbingo gewonnen.

Salta scheint auf den ersten Blick ein koloniales Kleinod zu sein. Ich habe aber gestern Abend keine Fotos mehr gemacht. Die gibt es dann beim nächsten Mal.

Donnerstag, 12. März 2009

Unter dem Vulkan

Hallo!

Die Nachricht vom Amoklauf in Winnenden hat natürlich auch mich erreicht und schockiert. Letztlich bin ich ratlos wie vermutlich die meisten.

Für die Leute hier ist es eine Meldung von weit weg. Näher gehen ihnen die beiden Chilenen, die aus offensichtlich rassistischen Motiven in den USA ermordet wurden, und die Lehrerin, die am ersten Schultag mit einem Messer angegriffen wurde. Heute morgen gab es im Fernsehen eine Expertenrunde zu den Gewalttaten. Aufschlussreich fand ich, dass nur Uniformierte geladen waren. -

Nach meinem letzten Bericht verbrachte ich noch einen Tag in Coyhaique. Mittwoch wurde es ernst mit dem Schulbeginn, und die Stadt quoll über vor Schülern, die hier stets uniformiert sind. Breit diskutiert wurden in der Presse die Kosten für



Schulbücher. Viele Schüler gehen auf Privatschulen. Dort - so der Tenor der Artikel - werden oft Anschaffungen verlangt, die teuer sind (vor allem ausländisches Material für den Englischunterricht) und dann kaum benutzt werden.

Da mir alle anderen Wege versperrt waren, flog ich von Coyhaique nach Puerto Montt. Ein Flugzeugwrack am Rand der Piste liess ein mulmiges Gefühl aufkommen. War wohl ein altes Militärflugzeug, hätte aber mal jemand wegräumen können.

Von Puerto Montt aus habe ich verschiedene Tagesausflüge gemacht. Der erste führte auf die Insel Chiloé. Die wird ziemlich angepriesen. Landschaftlich erinnerte sie mich aber an Meck-Pomm, Hügelland mit Wiesen und Waldstücken.

Sehr sehenswert war die Inselhauptstadt Castro mit ihren bunten Holzhäusern





und den Palafitos. Wie man sieht, sind diese Häuser auf Stelzen gebaut, so



dass die Fischer mit ihren Booten direkt unter ihr Haus fahren konnten.

Vor allem aber gibt es auf der Insel eine grosse Zahl von Kirchen, die ebenfalls aus Holz gebaut sind. Die Kathedrale von Castro weist einen sehr schönen Innenraum in warmen Holztönen auf. Aussen hat man sie zum Wetterschutz mit hellgelbem Wellblech verkleidet. Sie dürfte damit weltweit das einzige Wellblechgebäude sein, das zum Weltkulturerbe zählt.

Hier noch eine Impression aus Puerto Montt: Die Sehnsucht des Rucksacktouristen



Das Gebiet zwischen Temuco und Puerto Montt wurde erst im 19. Jh. von Weissen besiedelt. 300 Jahre lang war es den Mapuche gelungen,ihre Heimat zu verteidigen. Unter den ersten Siedler waren viele Deutsche. Eine Gedenktafel in Puerto Montt erinnert daran.



Noch deutscher wird es dann 20 km nördlich in Puerto Varas. Der Ort liegt malerisch am Llanquihue-See mit Blick auf den Vulkan Osorno.






Viele deutsche Namen prägen das Stadtbild:



Ein "Schop" ist hier allerdings kein Glas Wein, sondern ein gezpftes Bier. "Kuchen" ist als Fremdwort in die chilenische Sprache eingegangen. Im ganzen Land verbreitet ist "el berlín". Leider wird er meist mit einer dicken Creme gefüllt statt mit Marmelade. Manche Backwarenanbieter übertreiben und schreiben statt Kuchen Küchen auf ihre Schilder - damit es deutscher aussieht.

Leider gibt es auch Fälle, in denen die Anbieter der deutschen Sprache weder grammatisch noch semantisch gewachsen sind:



Interessant wäre es herauszufinden, wann und wie dieses Dorf in der Nähe zu seinem Namen gekommen ist:



Positiv anzumerken ist zu Puerto Varas noch, dass ich dort meinen ersten echten Cappuccino bekam. Zu Recht heisst es im Lonely Planet: "Good coffee ist like gold dust in Chile." Bestellt man einen Kaffee, kommt der Kellner üblicherweise mit einer Tasse heissem Wasser und einem Körbchen mit Nescafé- und Zuckerportionen. Hat man Glück, dann ist auch noch ein Tütchen mit Milchpulver dabei. Cappuccino gibt es in feineren Cafés, aber in der Regel erhält man dann bereits fertig angerührten Nescafé mit Sprühsahne.

Restaurantbesuche sind auf den ersten Blick unkompliziert. Auf der Karte steht immer die gleiche begrenzte Auswahl von Gerichten. Oft ist es aber so, dass das Gericht selbst wirklich nur ein Stück Fleisch oder Fisch ist. Man bestellt Püree oder Reis dazu, Salat oder Gemüse kostet extra und die Sauce auch noch einmal. Da kommt schnell ein hübsches Sümmchen zusammen. Besser fährt man daher mit der Wahl eines Restaurants, das Hauptgerichte "con agregado" anbietet. Das bedeutet nicht, dass zum Verzehr ein technisches Hilfsmittel erforderlich ist, sondern dass die Beilagen bereits im Preis enthalten sind.

Mein letzter Tag in Puerto Montt führte mich in Chiles ältesten Nationalpark. Dort wanderte ich oberhalb des Allerheiligensees



zur Basis des Vulkans Osorno. So schön das Wetter an diesem Tag war, der



perfekte Vulkankegel versteckte sich in den Wolken. Erst später gab es freie Sicht auf den Gipfel. Leider gab in diesem Moment das Wechselobjektiv an meiner Kamera seinen Geist auf. Es war Samstag Nachmittag, und ich eilte nach Puerto Montt zurück. Leider gab es dort nur eine Lösung: ich habe eine neue Kamera gekauft. Am Montag habe ich dann noch meinen Teleskopstock im Wald vergessen. Die Recherche heute ergab: er ist von einem alten Ehepaar gefunden worden. Die haben dann alle Passanten im Wald angesprochen und ihn arglos dem ersten ausgehändigt, der "Oh ja, das ist ja meiner!" sagte. Pech!

Jetzt bin ich in Pucón am Fuss des Vulkans Villarrica - und am Ufer des gleichnamigen Sees. Bis gestern war es hier über 30 Grad warm, so dass ich mich wettermässig völlig umstelle musste.

Neben den Deutschstämmigen leben in dieser Gegend noch in grösserer Zahl Mapuche-Indios. In einem Nachbarort betreiben sie ein Restaurant und ein Kulturzentrum. Der Besuch dort war ein schönes Erlebnis, vor allem auf Grund der Aufgeschlossenheit und der Gastfreundschaft der Leute.

Am Folgetag war ich im Huerquehue-Nationalpark. Beeindruckend sind dort die Mammutbäume. Es gibt Coigüe, die haben dicke Stämme, die sich in fast ebenso gewaltige Äste verzweigen. Aufgrund ihres urzeitlichen Aussehens vielleicht noch eindrucksvoller sind die Araukarien. Dicke, bemooste Stämme ragen hoch in den Himmel. Erst ganz oben gibt es Äste. Sie haben dicke, fleischige Blätter, die ohne Stängel direkt auf den Ästen sitzen. Die Früchte sind wohlschmeckend, wovon ich mich im Mapuche-Restaurant überzeugen konnte.

Gestern dann der Höhepunkt: die Besteigung des Villarrica-Vulkans. Wir waren acht Teilnehmer, drei Bergführer begleiteten uns. Aufgrund des herrlichen Wetters waren noch Hunderte anderer Bergwanderer unterwegs. Zunächst führte der Aufstieg über Lavageröll, dann über ausgedehnte Schneefelder. Oben hatten wir eine fantastische Rundsicht. Der Aufenthalt war aber begrenzt, denn der schweflige Rauch aus dem Krater reizte die Atemwege. Der Rückweg ging sehr schnell. Wir legten halbwegs wasserfeste Schutzkleidung an und rutschten dann einfach durch Rinnen im Schnee den Hang hinunter. Bilder davon gibts, sobald ich mich mit der neuen Kamera besser vertraut gemacht habe.

So weit für heute. Jetzt gehe ich noch einmal in die Calle Clemente Holzapfel zu Marcia del Carmen Brintrup Brintrup und kaufe mir ein leckeres Eis. Das wird dort Portion für Portion aus gefrorenen Früchten angefertigt.

Bis zum nächsten Mal

Hans

Dienstag, 3. März 2009

Ferienende an der Carretera Austral

Grüsse aus Coyhaique, der grössten Stadt zwischen Puerto Montt und dem 2200 km südlich davon gelegenen Punta Arenas. Eine Stadt, in der alles schwierig ist. Gestern schien zumindest noch eine warme Sonne. Heute aber kriecht wieder die Kälte in die Knochen. Wenigstens habe ich hier bei der Chilenischen Bibelgesellschaft (Bildschirmschoner: Jesús Rey de Reyes) einen schnellen Internetzugang gefunden, so dass ihr heute ein paar Bilder mehr als sonst bekommt.

Nach der Wanderung durch den Torres-del-Paine-Park reiste ich erneut nach Argentinien ein, um zum Perito-Moreno-Gletscher zu gelangen. Der chilenische Grenzposten wies eine Schranke in der Pampa auf, die durch ein Vorhängeschloss gesichert war. Ich war als erster dran und musste warten, bis frische Stempelfarbe eingefüllt war. Das dauerte seine Zeit, denn chilenische Stempel sind zweifarbig wie früher in der DDR. Auf der argentinischen Seite dagegen war es wie immer wesentlich unkomplizierter. Der Fernseher lief auf vollen Touren, für die langen Stunden, in denen keiner über die Grenze kommt, gab es eine Tischtennisplatte. Verständlich, dass da noch niemand Zeit gefunden hatte, den Stempel auf das aktuelle Datum umzustellen.

Sobald man die Grenze überschritten hat, scheint die Sonne, da die Regenfronten immer vom Pazifik kommen und sich über Chile abregnen. Ausserdem gibt es dort trinkbaren Kaffee, und auch das Essen ist deutlich schmackhafter als in Chile.

Schafe, Ñandús und Guanakos teilen sich das spärliche Nahrungsangebot. Auch in der Pampa wird es immer trockener, und die Schafzucht lohnt sich in vielen Gegenden nicht mehr.





Nach vier Stunden Fahrt erreichten wir El Calafate, zu deutsch Die Südliche Blaubeere. Der Ort ist innerhalb von 20 Jahren von 4000 auf 20000 Einwohner gewachsen. Diese hoffen, vom Gletschertourismus zu profitieren oder von der Nähe zum Präsidentenpaar Kirchner, das hier eine Residenz besitzt.

Kurze Zeit später waren wir am Gletscher. An diesem Tag stürzten keine spektakulären Eisstücke in den See, aber auch so ist der Anblick fantastisch:



Abends fuhr ich nach El Chaltén weiter. Das ist der jüngste Ort Argentiniens. Er wurde gegründet, um das Fitz-Roy-Massiv touristisch zu erschliessen. Der Strasse dorthin ist inzwischen aspaltiert, und seit dieser Saison gibt es sogar einen Geldautomaten. Von dort aus unternimmt man Wanderungen zum Cerro Torre und zum Fitz Roy selbst. Beide Massive stechen durch ihre ungewöhnlich spitzen Gipfel hervor. Hier der Fitz Roy:



Am Ziel der Fitz-Roy-Wanderung blickt man auf den Gipfel, zwei Seen davor und zwei Gletscher. Auf der anderen Seite geht der Blick über mehrere Bergseen zum riesigen, türkisfarbenen Lago Viedma in der Ebene. Ein unvergessliches Panorama.

Was für Touristen gibt es eigentlich in dieser Gegend der Welt? Betrachten wir dazu das folgende Foto:



Alle jungen Israelis scheinen nach dem Militärdienst nur zwei Ziele zu kennen: Südostasien oder eben Patagonien. Meistens reisen sie in grösseren Gruppen und versuchen, so wenig Geld wie möglich auszugeben. Bis Ende Februar gab es auch viele einheimische Touristen, aber jetzt sind die Schulferien zu Ende.

Abschied von El Chaltén, Aufbruch zur bislang längsten Busfahrt. 14 Stunden durch die Pampa nach Los Antiguos. Die Fahrer stärkten sich mit reichlich Mate:



Die Fahrt führte über die in Motorradfahrerkreisen legendäre Ruta 40. In diesem Teil



Argentiniens ist sie zum grössten Teil unasphaltiert. In den 14 Stunden kamen wir durch zwei winzige Orte und legten eine Rast auf der Estancia "La Siberia" ein. Alles andere war leeres Land.

Bei Los Antiguos reiste ich wieder nach Chile ein. Wieder absurd lange Kontrolllprozeduren, dann war ich in dem Flecken Chile Chico mit seinem warmen Mikroklima. Von hier aus fuhr ich in einem Kleinbus am Südufer des Lago General Carrera entlang. Auf einer Piste ging es hoch über dem See langsam vorwärts. Auch hier wieder ein intensives Türkis, dahinter schneebedeckte Berge.

Zielort war diesmal Puerto Bertrand. Der Ort liegt an der Carretera Austral. Das ist eine gut 1000 km lange Piste, die das Pinochet-Regime in den Wald schlagen liess, um den Süden zu erschliessen. Zusammen mit vier anderen Reisenden wollte ich am vergangenen Sonntag nach Norden weiterreisen. Wir hatten nicht bedacht, dass dies der letzte Ferientag war. Zwar kamen mehrere Busse vorbei, aber alle waren bereits voll mit Schülern und Studenten, die an ihre Studienorte zurückkehrten. Erst im dritten Bus konnten wir stehend mitfahren.

Das war anstrengend, und ich sah nichts von der Landschaft. Deshalb verliess ich diesen Bus nach 2 Stunden im 50 km entfernten Puerto Río Tranquilo. Zwei andere Deutsche stiegen auch aus, nachmittags unternahmen wir gemeinsam eine Fahrt - immer noch auf dem Carrera-See - zu schönen Marmorformationen.



Anschliessend versuchte ich, einen Busplatz für den Folgetag zu reservieren. Ich war mir sicher, dass müsse ganz einfach sein, da ich alle Lernwilligen bereits an ihren Zielorten wähnte. "Oh nein", sagte die Dame in dem Lädchen mit Telefon, "die Busplätze werden im Lauf der Woche noch knapper. Nur einige fahren schon sonntags zur Schule zurück!"

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn Onkel Hasan zum dritten Mal am letzten Tag der Osterferien gestorben ist und deshalb der Rückflug umgebucht werden musste, dann denkt daran: so etwas gibt es auch in anderen Teilen der Welt.

Es liess sich kein Platz mehr reservieren, und während wir drei beim Frühstück an der Tankstelle sassen, erschienen immer mehr trampende Israelis an der Carretera. In dieser aussichtslosen Situation half uns der Tankwart. Er sah, dass Don Osvaldo (70) mit seinem klapprigen Kleinbus erschienen war und bereits mit den Trampern verhandelte. Dort konnten auch wir dann noch mitfahren. Osvaldo lieferte einen umfangreichen regionalkundlichen Vortrag und schimpfte auf die Regierung, wobei die Hände nicht immer am Steuer blieben. Er machte mit uns auch noch einen interessanten Abstecher zu steinalten Indio-Felsmalereien. Diese liegen in der Nähe des Cerro Castillo (Schlossberg).



So kam ich dann am Spätnachmittag in dieser Stadt an - und musste mich gleich wieder um die Weiterreise kümmern. Das Schiff heute ist ausgebucht. Mit Ferienende ändern sich die Fahrpläne, keiner kennt die neuen. Ausserdem spuckt der Vulkan Chaitén wieder, so dass die Strasse nach Norden immer wieder gesperrt wird. Schlussendlich konnte ich für morgen ein Flugticket nach Puerto Montt ergattern. Ab dort müsste die Infrastruktur dann besser sein.

Für heute bleiben noch die wesentlichen Sehenswürdigkeiten dieser Stadt: ein Felsen in Form eines Indiokopfes, drei bunt angestrichene Landmaschinen und das Denkmal des Matetrinkers. Ich bin gespannt.

Beste Grüsse

Hans