Guten Abend aus Punta Arenas!
Morgen soll der Wind auf 100 km/h auffrischen, doch heute war es schon heftig genug.
Aber der Reihe nach. Die Anreise war diesmal noch laenger als die nach Australien und fuehrte ueber vier Hauptstaedte. In der Landeshauptstadt Duesseldorf erhob ich mich in die Luefte und befand mich zuegig in einer Nachhilfestunde. Unvorsichtigerweise hatte ich meinem Nachbarn meinen Beruf genannt Er stellte sich daraufhin als Schueler der Jahrgangsstufe 11 vor, der noch Probleme mit dem zeichnerischen Differenzieren hatte. Aber alles hat auch sein Positives: bei der Landung in Madrid wusste ich, dass ich diesen Stoff noch sicher beherrsche. Zwischendurch flogen wir an Paris vorbei. Dort war die Sicht so klar, dass ich die Inseln in der Seine und das Marsfeld klar erkennen konnte.
In Madrid sah ich mir Guernica an und einen Teil der restlichen Schaetze im Reina-Sofía-Museum. In der gewaltig hohen Cafeteria gab es anschliessend ein Treffen mit drei Madrileninnen, die ich auf der Tour zum Uluru kennengelernt hatte. Um Mitternacht ging es dann weiter nach Santiago. Es gab heftige Turbulenzen, ich kann mich nicht erinnern, schon mal einen so unruhigen Start erlebt zu haben.
Beim Anflug auf Santiago war das dann alles vergessen. Wir ueberflogen die Anden mit geringem Abstand und setzten dann auf gleicher Hoehe mit den Gipfeln zur Landung an. Auch ohne Fensterplatz ein unvergesslicher Anblick.
In Madrid war es kaelter gewesen als in Dortmund, in Santiago waren es dann fast 30 Grad. Acht Stunden bis zum Weiterflug, das langte fuer eine erste Besichtigung des Stadtzentrums mit der Plaza de Armas und dem Moneda-Palast. Vor letzterem hat man ein komplettes Kulturzentrum in den Boden versenkt, bei Hitze ein angenehmer Ort.
Abends warteten dann noch einmal viereinhalb Flugstunden bis Punta Arenas auf mich. Bei der Zwischenlandung in Puerto Montt flogen wir am schneebedeckten Vulkan Osorno vorbei, auch das ein wunderbarer Anblick. Gegen Mitternacht Ortszeit war ich dann endlich in meiner Unterkunft.
Beim Fruehstueck wurde ueberwiegend deutsch gesprochen, so dass ich mich gleich mit mehreren Leuten zu einer Tour zur Pinguin-Insel La Magdalena verabreden konnte. Vorher aber machte ich einen ersten Rundgang durch die Stadt. Die Wollbarone der vorletzten Jahrhundertwende haben ihr ein vornehmes Gepraege gegeben:

Eine dieser Villen ist als Museum eingerichtet, wo man einen guten Einblick in das damalige ueppige Leben erhaelt. Alle Einrichtungsgegenstaende wurden von besten Adressen in Europa importiert - auch ein von Picassos Vater gemaltes Gaensebild.
Nachmittags gings dann zu den Magellan-Pinguinen. Der Unterschied zwischen meiner letzten Schiffsfahrt in Kambodscha und dieser haette kaum groesser sein koennen: Wir wurden alle mit Namen und Nationalitaet in ein Register eingetragen. Zur Vorfuehrung des Films ueber Notfallmassnahmen wurden alle gnadenlos vom Deck in den Projektionsraum gescheucht. Ausserdem hatte die Reederei fuer ihr Wirken ein Leitbild entwickelt, das sich alle durchlesen konnten, denen es draussen zu kalt wurde.
Dann standen wir mitten zwischen den Pinguinen. Fast 70 000 Paare (monogame Tiere!) gibt es auf der Insel. Die meisten watschelten mit abgespreizten Fluegeln umher, andere erweiterten Staub aufwirbeln ihre Nisthoehlen. Die Jungtiere waren z. T. in der Mauser, was ihnen ein putziges Aussehen verlieh. Scheu kannten sie durchweg keine.
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Gestern war ich auf dem Friedhof. Eine sehr schoene Anlage. Grosse Grabmaeler der Wolldynastien. An den Grabsteinen erkennt man die Herkunft der weissen Siedler. Ueberraschend viele Kroaten sind darunter, man findet aber auch ein Graf-Spee-Monument. Dann gibt es noch ein Grabmal fuer den unbekannten Indio. Das hat man sicher in wohlmeinender Absicht aufgestellt, nachdem die Ureinwohner ausgerottet waren. Es hat sich offensichtlich zu einer beliebten Pilgerstaette entwickelt, denn es ist von Hunderten Danksagungstafeln umgeben. Das erinnerte schon an einen asiatischen Tempel.
Anschliessend war ich im Provinzmuseum. Dieses wurde von italienischen Salesianer-Missionaren aufgebaut, die vor gut hundert Jahren kamen,um sich um das Seelenheil der verbliebenen Indios zu kuemmern. Der Umfang der Sammlung ist gewaltig: von ausgestopften Tieren ueber die Lebensweise der Ureinwohner bis hin zur Antarktis.
Heute habe ich eine Wanderung zu Aussichtspunkten im Hinterland unternommen und dabei zum ersten Mal mitbekommen, wie schnell hier das Wetter umschlagen kann. Zum Glueck konnten wir uns im Waerterhaeuschen des Skilifts unterstellen.

Im Hintergrund seht ihr die Magellanstrasse und - wenn ihr genau hinseht - Feuerland.
Ein Abendspaziergang fuehrte mich zum Hafen. Dort geschieht Grosses: anlaesslich der bevorstehenden 200-Jahr-Feier der Unabhaengigkeit wird eine Promenade angelegt. Unter anderem enthaelt sie den wohl suedlichsten Radweg der Welt:

Kein Mensch faehrt hier aber Fahrrad, ausser Italienern mit 25-Kilo-Packtaschen. Fuer alle anderen ist es viel zu gefaehrlich, denn jederzeit kann einen eine Boee aus dem Sattel heben. Bereits fertiggestellt war ein Trinkwasserbrunnen. Ein kurzer Test - zum Glueck stand ich auf der richtigen Seite - ergab bei Betaetigung des Knopfes eine Spritzweite von 5 m. Und morgen soll der Wind noch staerker werden. Auch bei den Picknick-Tables sind Missgeschicke zu befuerchten: sollten sich tatsaechlich bei 12 Grad und Windstaerke 6 noch Picknickwillige dort niederlassen, werden sie das sicherlich mit dem hiesigen Lieblingssnack tun: dem completo. Das ist ein hot dog, auf den mindestens drei Saucen kommen, daher der Name. Das kann nicht gutgehen ...
Zum Abschluss, liebe Fritz-Steinhoff-Kolleginnen und -Kollegen: Digitale Medienkompetenz hat auch am Ende der Welt nur einen Namen: