Montag, 23. Februar 2009

Ultima Esperanza

Helau und Alaaf aus Puerto Natales!

Zunächst danke ich euch allen ganz herzlich für die vielen guten Wünsche zum Geburtstag!

Falls jemand eine SMS geschickt hat: das werde ich erst im April erfahren. Ich weiss jetzt, was ein Triband-Handy ist - und leider auch, dass meines nicht zu dieser Leistungsklasse gehört.

An meinem letzten Tag in Ushuaia habe ich noch eine Fahrt zu einer Seelöwen- und Kormoraninsel unternommen. Der Beagle-Kanal ist im Bereich von Ushuaia sehr windgeschützt. Deshalb merkte ich nichts von dem Sturm, der im übrigen Patagonien tobte und den Fährverkehr stark beeinträchtigte.

Am vorletzten Sonntag ging es dann mit dem Bus zurück nach Punta Arenas. Das dauerte diesmal dreizehneinhalb Stunden. Bei der Einreise nach Chile sind die Kontrollen umfassend und bürokratisch, und wir hatten einen visumpflichtigen Russen im Bus.

Aber man klagt natürlich nicht mehr, wenn man diese patagonischen Schafe auf ihrem letzten Weg sieht:



Von Punta Arenas aus war mein nächstes Ziel der Torres-del-Paine-Nationalpark. Dort kann man herrliche mehrtägige Wanderungen unternehmen - wenn das Wetter mitspielt. Rückkehrer aus dem Park berichteten Furchtbares: eine ganze Woche nur Regen und Nebel. Ich hatte mehr Glück. Nur am ersten Tag gab es längere Schauer, am dritten Tag noch ein kurzes, das den Weg in ein Rinnsal verwandelte. Ansonsten aber habe ich alles gesehen, was es zu sehen gibt. Das ist zum einen der Grey-Gletscher, der in den gleichnamigen See einmündet:





Dann gibt es wunderbare türkisfarbene Gletscherseen, weiterhin die Cuernos, zwei klobige Berge, die nur durch einen tiefen Spalt getrennt sind. Höhepunkt sind dann aber die namensgebenden Torres. Das sind drei Felstürme, die steil in den Himmel ragen:



Leider war das Kartenmaterial so ungenau, dass ich nicht sagen kann, wie hoch sie sich von der Basis bis zur Spitze erheben. Es müssen aber weit über 1000 m sein.

Heute verbringe ich einen wanderfreien Rosenmontag in Puerto Natales. Das ist der Ort, der am nächsten am Nationalpark liegt, d. h. in ca. 120 km Entfernung. Hier gibt es farbenfrohe Häuser aus Holz und Wellblech und auch ein Wandbild zur Jagdmethode der Ureinwohner:



Die Stadt liegt an der Bucht Ultima Esperanza - Letzte Hoffnung. Angeblich geht dieser Name auf den letzten Versuch züruck, einen Seeweg zwischen Pazifik und Atlantik nördlich der Magellan-Strasse zu finden.

Morgen geht es weiter zum Perito-Moreno-Gletscher nach Argentinien.

Bis demnächst, beste Grüsse

Hans

Samstag, 14. Februar 2009

Dolores no llores...

... Dolores, weine nicht. So erklingt es hier im Hintergrund. Bezieht sich vielleicht auf das Wetter, das hier doch sehr wechselhaft ist.

Von Punta Arenas aus fuhr ich bei Kaelte, Regen und Sturm Richtung Ushuaia. Bis zur Faehre nach Feuerland Asphalt, dann Piste:



Ich war überrascht, wie viele Guanacos und Ñandús von der Strasse aus zu sehen waren.
Mitten in der Einoede erreichten wir dann die argentinische Grenze:



Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass nur einer der drei angegebenen Provinzteile tatsaechlich zu Argentinien gehoert. Aber was solls. Im naechsten Dorf konnten sie wenigstens den Fussballsieg über Frankreich feiern.

Ushuaia gibt sich als Ende der Welt aus. Zwar gibt es auf dem gegenüber liegenden chilenischen Ufer noch zwei Orte, aber die sind klein. Vieles ist wie überall auf der Welt: Parksünder werden aufgeschrieben, Warsteiner wird ausgeschenkt, Waende werden besprüht, und die Hosen der Skatebordfahrer haengen genauso tief wie woanders auch. Kreuzfahrer, Rotel und andere geben sich hier ein Stelldichein.

Sehr schoen ist die Umgebung. Hier ist keine Pampa mehr, Ushuaia ist von Bergen umgeben. Schon in knapp 1000 m Hoehe erreicht man einen Gletscher. In der Naehe ist der Feuerland-Nationalpark. Wenn man will, kann man ihn mit der südlichsten Eisenbahn der Welt erreichen:



Vorher passiert man noch den südlichsten Golfplatz der Welt. Ich weiss nicht, wie lang die Saison ist.

Im Park selbst kann man schoene Wanderungen unternehmen, mit wunderbarem Blick auf den Beagle-Kanal und das gegenüber liegende chilenische Ufer:




Beste Grüsse Hans

Dienstag, 10. Februar 2009

21:30 Uhr. Hell, aber eiskalt.

Guten Abend aus Punta Arenas!

Morgen soll der Wind auf 100 km/h auffrischen, doch heute war es schon heftig genug.

Aber der Reihe nach. Die Anreise war diesmal noch laenger als die nach Australien und fuehrte ueber vier Hauptstaedte. In der Landeshauptstadt Duesseldorf erhob ich mich in die Luefte und befand mich zuegig in einer Nachhilfestunde. Unvorsichtigerweise hatte ich meinem Nachbarn meinen Beruf genannt Er stellte sich daraufhin als Schueler der Jahrgangsstufe 11 vor, der noch Probleme mit dem zeichnerischen Differenzieren hatte. Aber alles hat auch sein Positives: bei der Landung in Madrid wusste ich, dass ich diesen Stoff noch sicher beherrsche. Zwischendurch flogen wir an Paris vorbei. Dort war die Sicht so klar, dass ich die Inseln in der Seine und das Marsfeld klar erkennen konnte.

In Madrid sah ich mir Guernica an und einen Teil der restlichen Schaetze im Reina-Sofía-Museum. In der gewaltig hohen Cafeteria gab es anschliessend ein Treffen mit drei Madrileninnen, die ich auf der Tour zum Uluru kennengelernt hatte. Um Mitternacht ging es dann weiter nach Santiago. Es gab heftige Turbulenzen, ich kann mich nicht erinnern, schon mal einen so unruhigen Start erlebt zu haben.

Beim Anflug auf Santiago war das dann alles vergessen. Wir ueberflogen die Anden mit geringem Abstand und setzten dann auf gleicher Hoehe mit den Gipfeln zur Landung an. Auch ohne Fensterplatz ein unvergesslicher Anblick.

In Madrid war es kaelter gewesen als in Dortmund, in Santiago waren es dann fast 30 Grad. Acht Stunden bis zum Weiterflug, das langte fuer eine erste Besichtigung des Stadtzentrums mit der Plaza de Armas und dem Moneda-Palast. Vor letzterem hat man ein komplettes Kulturzentrum in den Boden versenkt, bei Hitze ein angenehmer Ort.

Abends warteten dann noch einmal viereinhalb Flugstunden bis Punta Arenas auf mich. Bei der Zwischenlandung in Puerto Montt flogen wir am schneebedeckten Vulkan Osorno vorbei, auch das ein wunderbarer Anblick. Gegen Mitternacht Ortszeit war ich dann endlich in meiner Unterkunft.

Beim Fruehstueck wurde ueberwiegend deutsch gesprochen, so dass ich mich gleich mit mehreren Leuten zu einer Tour zur Pinguin-Insel La Magdalena verabreden konnte. Vorher aber machte ich einen ersten Rundgang durch die Stadt. Die Wollbarone der vorletzten Jahrhundertwende haben ihr ein vornehmes Gepraege gegeben:



Eine dieser Villen ist als Museum eingerichtet, wo man einen guten Einblick in das damalige ueppige Leben erhaelt. Alle Einrichtungsgegenstaende wurden von besten Adressen in Europa importiert - auch ein von Picassos Vater gemaltes Gaensebild.

Nachmittags gings dann zu den Magellan-Pinguinen. Der Unterschied zwischen meiner letzten Schiffsfahrt in Kambodscha und dieser haette kaum groesser sein koennen: Wir wurden alle mit Namen und Nationalitaet in ein Register eingetragen. Zur Vorfuehrung des Films ueber Notfallmassnahmen wurden alle gnadenlos vom Deck in den Projektionsraum gescheucht. Ausserdem hatte die Reederei fuer ihr Wirken ein Leitbild entwickelt, das sich alle durchlesen konnten, denen es draussen zu kalt wurde.

Dann standen wir mitten zwischen den Pinguinen. Fast 70 000 Paare (monogame Tiere!) gibt es auf der Insel. Die meisten watschelten mit abgespreizten Fluegeln umher, andere erweiterten Staub aufwirbeln ihre Nisthoehlen. Die Jungtiere waren z. T. in der Mauser, was ihnen ein putziges Aussehen verlieh. Scheu kannten sie durchweg keine.

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Gestern war ich auf dem Friedhof. Eine sehr schoene Anlage. Grosse Grabmaeler der Wolldynastien. An den Grabsteinen erkennt man die Herkunft der weissen Siedler. Ueberraschend viele Kroaten sind darunter, man findet aber auch ein Graf-Spee-Monument. Dann gibt es noch ein Grabmal fuer den unbekannten Indio. Das hat man sicher in wohlmeinender Absicht aufgestellt, nachdem die Ureinwohner ausgerottet waren. Es hat sich offensichtlich zu einer beliebten Pilgerstaette entwickelt, denn es ist von Hunderten Danksagungstafeln umgeben. Das erinnerte schon an einen asiatischen Tempel.

Anschliessend war ich im Provinzmuseum. Dieses wurde von italienischen Salesianer-Missionaren aufgebaut, die vor gut hundert Jahren kamen,um sich um das Seelenheil der verbliebenen Indios zu kuemmern. Der Umfang der Sammlung ist gewaltig: von ausgestopften Tieren ueber die Lebensweise der Ureinwohner bis hin zur Antarktis.

Heute habe ich eine Wanderung zu Aussichtspunkten im Hinterland unternommen und dabei zum ersten Mal mitbekommen, wie schnell hier das Wetter umschlagen kann. Zum Glueck konnten wir uns im Waerterhaeuschen des Skilifts unterstellen.



Im Hintergrund seht ihr die Magellanstrasse und - wenn ihr genau hinseht - Feuerland.

Ein Abendspaziergang fuehrte mich zum Hafen. Dort geschieht Grosses: anlaesslich der bevorstehenden 200-Jahr-Feier der Unabhaengigkeit wird eine Promenade angelegt. Unter anderem enthaelt sie den wohl suedlichsten Radweg der Welt:



Kein Mensch faehrt hier aber Fahrrad, ausser Italienern mit 25-Kilo-Packtaschen. Fuer alle anderen ist es viel zu gefaehrlich, denn jederzeit kann einen eine Boee aus dem Sattel heben. Bereits fertiggestellt war ein Trinkwasserbrunnen. Ein kurzer Test - zum Glueck stand ich auf der richtigen Seite - ergab bei Betaetigung des Knopfes eine Spritzweite von 5 m. Und morgen soll der Wind noch staerker werden. Auch bei den Picknick-Tables sind Missgeschicke zu befuerchten: sollten sich tatsaechlich bei 12 Grad und Windstaerke 6 noch Picknickwillige dort niederlassen, werden sie das sicherlich mit dem hiesigen Lieblingssnack tun: dem completo. Das ist ein hot dog, auf den mindestens drei Saucen kommen, daher der Name. Das kann nicht gutgehen ...

Zum Abschluss, liebe Fritz-Steinhoff-Kolleginnen und -Kollegen: Digitale Medienkompetenz hat auch am Ende der Welt nur einen Namen: