Am letzten Mittwoch nahm ich in Luang Prabang ein letztes Mittagessen am Mekong ein. Ploetzlich erschien am Himmel eine groessere Zahl von Duesenjaegern. Ich hatte in Laos noch nie Militaerflugzeuge am Himmel gesehen. Ueberraschenderweise waren sie orange mit weissen Streifen.
Auf dem Flughafen loeste sich das Raetsel auf. Es handelte sich um eine indische Kunstflugstaffel, begleitet von zwei Transportmaschinen.
Im Anflug auf Hanoi fielen mir zwei Dinge auf. Zum einen, dass Wochen nach der Hochwasserkatastrophe noch immer weite Flaechen unter Wasser standen. Zum anderen sah ich in vielen Orten Kirchtuerme. Vielleicht haben die Franzosen ihr schlechtes Gewissen mit vielen Gebeten beruhigt.
In Hanoi empfing mich merklich kuehleres Wetter. Der Himmel war grau, eine Mischung aus Wolken und Smog. Da in Vietnam neben den ueblichen Markenartikeln auch Restaurants und Hotels gefaelscht werden, hatte ich ueber das Internet ein Zimmer in der Altstadt reserviert. Erst danach las ich im Lonely Planet, dass in der Altstadt alle Strassen nach den traditionell dort ansaessigen Zuenften benannt sind. Sie waren mit Uebersetzung aufgelistet. Demnach war meine Wahl auf die Gasse fuer fermentierten Fisch gefallen.
Zum Glueck war dieses Gewerbe verlagert worden. Stattdessen wirken in der Hang Mam (Google-Earth-Nutzer aufgepasst!) jetzt Steinmetze - auf dem Gehweg. Zwischen sausenden Meisseln, einer kreischenden Flex und abgestellten Motorrollern bahnte ich mir muehsam meinen Weg in die Unterkunft.
Am naechsten Tag machte ich mich auf den Weg zum See des zurueckgegeben Schwertes, der am Rand der Altstadt liegt. Es gibt in der Altstadt zwar Buergersteige, sie haben aber ausschliesslich die folgenden drei Zwecke: Handwerk, Handel, Stellflaeche fuer Motorroller. Von letzteren soll es in Hanoi 3 Millionen geben. Mit den nicht abgestellten muss man sich als Fussgaenger die Fahrbahn teilen.
Am See sprachen mich zwei Studentinnen an. Sie konnten schon am fruehen Morgen dort sein, weil Tag des Lehrers war. Dann haben die Schueler frei, die Lehrkraefte nehmen an Versammlungen teil. Es ist dies aber kein Studientag, sondern er dient wohl tatsaechlich in erster Linie der Ehrung unseres Berufsstandes. Einige Tage spaeter kam ich mit einem jungen britischen Kollegen ins Gespraech. Er unterrichtet Englisch in Hanoi, und er hatte von seinen Schuelern zahlreiche Geschenke erhalten.
In einem Tempel fand ein seltsames Ritual statt. Am Folgetag lernte ich, dass ich Zeuge einer Geisterbeschwoerung geworden war.
Abends war ich sehr beeindruckt von der Auffuehrung im Wasserpuppentheater. Es ist ein Marionettentheater mit bis zu 15 kg schweren Puppen. Die Spieler stehen hinter einem Bambusvorhang im Wasser, diePuppen werden mit unsichtbaren Stangen und Draehten auf einer Wasserflaeche vor dem Vorhang bewegt.
Das Theatergebaeude wurde 1969 errichtet, also mitten im Krieg.
Freitags sah ich einige der vielen praechtigen Kolonialbauten, die die Franzosen in der Hauptstadt Indochinas errichtet haben. Einige davon gehoeren ihnen jetzt wieder, z. B. das Sofitel Metropole.
Mehrere Stunden verbrachte ich im ethnologischen Museum. Dieses wurde mit franzoesischem Beistand errichtet und informiert ueber die 54 Ethnien Vietnams. Es gibt einen grossen Freilichtbereich, die Darstellung ist kurzweilig, aber informativ.
In der Daemmerung scheiterte ich mit dem Versuch, einen Blick auf den Roten Fluss zu werfen. Das scheint zu Fuss nicht moeglich zu sein.
Am Samstag erwies ich Onkel Ho die Referenz. Nur von aussen, denn im Oktober und November ist immer "maintenance" - vermutlich in Moskau.
In der Naehe liegt der Literaturtempel. Dort finden sich alte Stelen mit den Namen der Studenten, die das Mandarin-Examen bestanden hatten.
Danach blieb noch Zeit, deutsche Kulturarbeit im Ausland in Augenschein zu nehmen. Das Goethe-Institut in Hanoi ist in zwei sehr schoenen Villen untergebracht. Schon beim Betreten des Gelaendes wird der Besucher mit zeitgenoessischer deutscher Esskultur vertraut gemacht:
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Im Ausstellungsbereich wurde die Installation "Hanoi Transformation" praesentiert, auf Englisch und Vietnamesisch. Die Veraenderungsprozesse wurden mit einigen nahe liegenden Fotos illustriert: respektlose Jugendliche vor dem HCM-Mausoleum, alte Frau mit Kegelhut neben Hochhaus-Baustelle usw. Zahlreicher als die Bilder waren die Lautsprecher. Aus jedem kam ein anderer O-Ton bzw. dessen englische Uebersetzung. Ich verliess die Installation und wandte mich dem Raum von Deutsche Welle TV zu. Mein Nachrichtenhunger wurde aber nicht gestillt, denn dort lief Kanal 9 des chinesischen Staatsfernsehens. Wenigstens eine Kohlroulade haette ich im Cafe Goethe essen koennen, wenn ich die umstaendliche englische Beschreibung richtig verstanden habe. Aber dazu war es noch zu frueh.
Sonntags war ich im Hoa-Lo-Gefaengnis. Das haben die Franzosen gebaut, mit einer Guillotine und getrennten Zellenbereichen fuer Europeens und Indige`nes. Die Nordvietnamesen sperrten dort gefangen genommene US-Piloten ein und verhinderten dadurch fuer laengere Zeit die Bombardierung des Zentrums von Hanoi. Prominentester Gefangener war John McCain. Ein altes Foto zeigt den spaeteren Kandidaten bei der Eingangsuntersuchung nach seiner Gefangennahme:
Montags fuhr ich in die Halong-Bucht. Die Strecke fuehrte lange Zeit durch Industriegebiete. Insbesondere gab es eine kilometerlange Kette von Ziegeleien.
Die Halong-Bucht bereist man auf kleineren Schiffen. Unseres hatte Platz fuer 16 Personen. Diese "Dschunken" sind dort zu Dutzenden unterwegs. Aber angesichts der spektakulaeren Landschaft ist das schliesslich auch kein Wunder:
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Die letzten beiden Tage verbrachte ich in Ninh Binh und unternahm von hier aus Ausfluege in die "trockene Halong-Bucht". Auch hier gibt es bizarre Karstfelsen. Dazwischen sind bzw. waren kleine Doefer, Wasserflaechen und Felder. Man findet noch einige wirklich malerische Ecken.
Aber das Auftreten der Einheimischen gegenueber Touristen ist hier noch aggressiver und unverschaemter als in Hanoi, und die Zerstoerung des Idylls wird von zwei Seiten in Angriff genommen: Die aeusseren Karstkegel werden einer nach dem anderen abgetragen und wandern in die umliegenden Kalkwerke. Der Kernbereich dieser wunderbaren Landschaft wird mit einem unbegreiflich dichten Netz von z. T. vierspurigen Schnellstrassen ueberzogen. Fuer Raststaetten usw. werden grosse Landflaechen aufwaendig aufgespuelt, so dass nicht viel Ackerflaeche uebrig bleibt. Da, wo der Reisefuehrer idyllische Nebenstraesschen versprach, radelte ich an Pumpen und Baggern vorbei und wurde staendig von Bau-LKW ueberholt. Hier ist entweder kompletter Irrsinn am Werk oder eine Baumafia im Zusammenwirken mit oertlichen Parteigroessen.
Die erste Woche in Vietnam war ziemlich anstrengend, vor allem durch den starken Verkehr und die schlechte Luft in Hanoi. Dazu kommt aber, dass man als Tourist kein leichtes Leben hat. Damit meine ich nicht, dass die Bananen fuer mich teurer sind als fuer die Einheimischen. Auch damit, dass die Vietnamesen 25 ct Eintritt bezahlen und ich 50, kann ich gut leben. Was mich aber stoert, ist, dass man nie das bekommt, was versprochen wird, dass ein einmal vereinbarter Preis spaeter doch wieder nachverhandelt wird, vor allem die Raffgier und die Unfreundlichkeit, mit der viele Vietnamesen auftreten. Z. T wirken sie so, als glaubten sie einen Anspruch darauf zu haben, dass man ihnen etwas abkauft. Auf meiner gestrigen Radtour erwischte ich mich bei dem Gedanken: ich glaube nicht, dass ich noch einmal in dieses Land zurueckkehren werde.
Soweit fuer heute. Ich wuensche euch allen eine schoene Adventszeit.
Hans